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Vogelbad

3. August 2012

Ein Augusttag in herrlichstem Hochsommerblau – ich gebe zu, alles stehen- und liegenlassen und raus, das war mein Vorschlag. Die Idee hatte aber Frau Amsel, nebenberuflich Fachfrau für Ausbüxen und wunderbaren Unfug: Baden gehen! Und zwar im Fluß!

Als ich klein war, durfte ich nicht in den Fluß (und nicht in seine zufließenden Gewässer). Giftig sei er; und er roch auch so. Zwischen den Steinen am Ufer glänzte es von toten Fischen. Später dann: Weidenschatten – ja, Wasserkontakt – nein; höchstens habe ich mal eine Flasche in der Strömung gekühlt.

Jetzt also: Abenteuer! Badestrand! Eine halboffizielle Angelegenheit, bestens besucht; ganze gebräunte Familien aalen sich hier in der Sonne. Es riecht nach Bratwurst und nach Luftmatratze. Eine Grillbude, ein Brettercafé, eine breite Sandbucht und ein rostiger Kahn, kieloben; Schatten ist kaum zu finden, aber Abkühlung verspricht ja der Fluß.

Lädt zum Bade.

Rein also. Erst dauert es ewig, bis das Wasser über die Knie reicht. Ein Kind heult wegen scharfkantiger Steine. Hier und da schließt sich gieriger Morast um einen Knöchel; dann wird geplanscht und gequiekt, je nach Temperament. Wir schrecken die kritischen Zonen ab: Beine, Po, Bauch, schließlich ein beherztes Wegknicken, und der Fluß packt uns im Nacken.

Das Wasser, herrlich kalt unter der Sonne, schmeckt weitgereist, und es zupft und zieht beharrlich: komm doch weiter! Möchtest du nicht noch ein Stückchen mit? Und wenn man dann in der Fahrrinne hinter dem Weidensaum die dicken Pötte sich Richtung Meer schieben sieht, dann hat man beinah schon Ja gesagt.

Aber dann werden wir fast von einem Schwarm Kanus überfahren, ein Hund strampelt vorbei, und am Ufer, da warten gekühlte Salamibrote – es gibt nichts Besseres als Salamibrote, wenn man gänsehäutig aus dem Wasser steigt – und später Eis am Stiel … Überredet. Das Ufer hat uns wieder.

Als der Tag geht, kommen die Mücken; dafür entschädigt der Heimweg mit Fallobst. Wir essen, und die Mücken essen, der Fluß nimmt seinen Lauf; es endet ein Tag große Ferien. Und ich weiß jetzt, wo man sie bekommen kann.

10 Kommentare
  1. 3. August 2012 23:41

    Sehr schöne Ausflugsaugenblicke in Wort und Bild. Die Salamibrote machen Appetit. Und erst das Eis am Stiel. Mückenstiche und ein Fallobstbauch – hach, einen Sommer lang Ferien erleben!

    • 4. August 2012 8:19

      Danke! .) Oh, auf die Mücken könnte ich ehrlich verzichten. Ich sehe zwar nicht mehr verbeult aus, aber das juuuuckt –!

  2. 4. August 2012 18:31

    Einfach schön, liebe Lakritze! Auch, dass die Fische, Hunde und Menschen wieder drin schwimmen können …

    • 5. August 2012 11:19

      Das finde ich auch! Ich habe übrigens sehr unterschiedliche Hundeschwimmtechniken beobachtet; vom Seehund (Unterwassergleiten, nur die Schauzenspitze über Wasser) bis zum wunderbaren Wasserfloh (in einer Regenbogenwolke über die Wasseroberfläche hüpfen).

  3. 5. August 2012 12:05

    Hach. Manchmal brauchts halt Idylle.

    • 5. August 2012 14:13

      Ja. Und manchmal macht es auch gar nichts, wenn man die mit hundert anderen Menschen teilt; das gehört dann gerade dazu.

  4. joulupukki permalink
    11. August 2012 0:53

    ja, da brauchts dann auch kein fernweh mehr. beste krisenpropaganda! :-D

    • 11. August 2012 9:31

      Und so einfach zu haben! Instant-Vergnügen in allen Lebenslagen. Ich glaube, wenn man vier, fünf solcher harmloser Beschäftigungen beherrscht, kann man ein glücklicher Mensch werden.

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