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Alles Gute kommt von oben

2. Oktober 2016

Drei bis fünf Walnußbäume beschatten das Haus. Jetzt ist Herbst, da poltern Nüsse aufs Dach, rollen über die Ziegel und landen mit einem klatschenden Geräusch, wenn ihnen die grüne Schale zerbirst, auf dem Boden. Fürs Einsammeln gibt es einen Drahtkäfig am Stiel, der die Nüsse aufnimmt und den Rest zurückläßt, ein geniales Gerät. Am Gartenrand stehen drei Körbe, da kommen die Nüsse hinein.

Wenn sie noch nicht aus ihrer Schale gesprungen sind: behutsam drauftreten, dann lösen sie sich. Die hohlen rollen anders weg als die, die naß und schwer einen süßen Kern versprechen. Ich kann nicht anders, ich muß nach unten schauen: hier liegt eine Nuß, da, da noch eine, und dort sehe ich auch was. Wie ein Eichhörnchen, so stelle ich mir vor, eile ich von Fund zu Fund, in Zickzackhopsern, stopfe mir (da! noch eine!) die Backentaschen voll, also den Sammelkäfig (hier gleich zwei!), und entferne mich weit und weiter vom Baum, vom Haus, vom Gartenrand. Als ich aufschaue, bin ich nur ein paar Meter weit gekommen.

Ausfallschritt, und weiter: hier eine! Da! Da, ein ganzes Nest! Willst du nicht mal Pause machen, fragt K., Garten-, Nußbaum- und Aufklaubvorrichtungsbesitzerin. Jaja, gleich, die da noch, da liegt noch eine, da, und da … Und hier erst, zwischen den Büschen! Mein Blick ist an den Boden genagelt. Das Aufhören ist das Schwierige, da hat K. sehr recht.

Irgendwann, die Wiese scheint leergelesen (oder ich schaffe es, wegzuschauen), die Körbe quellen über und meine Finger sind walnußschalenbraun, beschließe ich: das war’s jetzt, es reicht. Ich wende mich eben zum Gehen, da greift der Wind in die Baumkronen, ringsum plumpst, prasselt und kracht es, Nüsse rollen und springen, und die Wiese sieht genauso aus wie vorher. Lachend packe ich den Aufsammler. Nächste Runde.

Darf ich vorstellen: Sisyphos, ein glücklicher Mensch.

 

 

 

15 Kommentare
  1. 2. Oktober 2016 12:40

    *lach* Ich kann mir das so gut vorstellen! Mir geht es immer an Küstenstränden so mit Muscheln, oder in den Bergen mit glitzernden Steinen. Du hast eine tolle Art, Dinge zu beschreiben, man meint, neben dir zu stehn und mitzumachen. Hier, noch eine Nuss! :-D

    • 2. Oktober 2016 12:50

      Aha, noch eine Schwester im Geiste! .) (Und ich kenne das – Strände sind verheerend …) Dieses Fokussieren auf Sammelnswertes muß was ziemlich Steinzeitliches sein.

    • 2. Oktober 2016 13:23

      Es sind eben keine Muscheln, die am Strand herumliegen, keine Steine in den Berge und keine Nüsse unter Bäumen. Es sind SCHÄTZE, einmalig und kostbar. Ich fühl mich bei sowas immer reich. Ja, muss ein Urinstinkt sein. Vorräte sichern das Überleben. Daher kommt es wohl. ;-)

  2. 2. Oktober 2016 15:21

    Kastanien auflesen ist nun auch gut möglich. Ein paar trage ich dann immer eine Weile mit mir herum.

    • 2. Oktober 2016 16:07

      Ich habe im Herbst immer eine in der Tasche, so als Handschmeichler.

    • 2. Oktober 2016 17:54

      Ich auch; bis sie stumpf und trocken sind. (Ich habe Eßkastanien gesehen; die müßten auch bald so weit sein.)

  3. 2. Oktober 2016 16:07

    Nächstes Wochenende geht es bei mir auch unter die Bäume! Ich freue mich drauf… meine Schwester hat letztens so ein Aufsammelgerät für unseren Garten besorgt. Bin gespannt auf den ersten Einsatz :-)

    • 2. Oktober 2016 17:53

      Macht wirklich Spaß. Sehr simples Prinzip. Und viel weniger Bücken. .)

  4. 2. Oktober 2016 22:23

    Es ist eine unendliche Geschichte, dem Wasserkreislauf gleich. Herrlich ist’s dir beim Ernterinsein zuzuschauen.

    • 3. Oktober 2016 8:35

      Wasserkreislauf, ja. Und man sitzt nun mal nicht mehr an der Quelle, so als Schreibtischtäterin. Da fehlt dann was.

  5. 4. Oktober 2016 11:22

    Ich musste lachen, der letzte Satz ist sehr treffend. Man könnte glatt neidisch auf Sisyphos werden, so haben es die Griechen wohl nicht gemeint.
    Woher kommen diese Sammelgeräte plötzlich? Ich hatte noch nie welche gesehen, seit drei Wochen überall in der Nachbarschaft und jetzt hier (falls es dieselben sind: so eine Art kleine Tonne aus Draht, die man über den Boden mit einem Stiel rollt, und die Nüsse und die Äpfel usw. bleiben einfach drin?). Kein Bücken und, für die Nachbarn besonders freundlich, kein Lärm. So was!

    • 4. Oktober 2016 13:02

      Eine wirklich geniale Erfindung; da hat jemand der Menschheit einen Dienst erwiesen. (Und dem zu sammelnden Obst.)

  6. textstaub permalink
    21. Oktober 2016 15:18

    Für geistige Nahrung mache ich gerne einen Knicks.

    • 21. Oktober 2016 15:20

      Oh, ich knickse wieder! (Und seien Sie versichert: Walnüsse haben einen nicht zu unterschätzenden ganz reellen Nährwert. Fragen Sie die Eichhörnchen.)

    • textstaub permalink
      21. Oktober 2016 15:29

      Ja ich kenne die Eichhörnchen & das bücken auch.
      Machte dies sogar bei Bucheckern.

Kommentare sind geschlossen.